Die Reise zum Mittelpunkt der Erde von Jules Verne lässt erkennen, dass Menschen schon immer von der unterirdischen Welt fasziniert waren. Ende der 1950er-Jahre begann daher, nicht unerwartet, in der Realität ein Wettlauf zwischen den USA und der Sowjetunion um das tiefste Bohrloch Richtung Erdinneres.
Wissenschaftler beider Nationen beschäftigten sich mit zahlreichen Experimenten, die alle zum Ziel hatten, die Erdkruste zu durchdringen. Die innere Schicht der Erde, den sogenannten Mantel, als erste zu erreichen, war ihr Ansporn.
Es gelang dann auch tatsächlich sowjetischen Forschern bis zu einer Tiefe von 40.000 Fuß vorzudringen. Allerdings musste das Projekt wegen unerwarteter Ereignisse aufgegeben werden.
1. USA am Start
Die Amerikaner starteten im Jahr 1958 das Projekt Mohole in Mexiko. Es fanden Bohrungen bis zu einer Tiefe von mehr als 600 Fuß im Pazifischen Ozean statt. Leider wurden die finanziellen Mittel nach einigen Jahren knapp und das gesamte Projekt aufgegeben.
Jetzt war die Sowjetunion am Zug. Ein Team von Wissenschaftlern begann auf der Kola-Halbinsel in Russland zu bohren. Die Forscher beabsichtigten, etwa 49.000 Fuß in die Erde einzudringen.
Dies geschah mit spezieller Gerätschaft. Langsam aber sicher schienen sie sich ihrem Ziel zu nähern. Aber auch die US-Amerikaner hatten die Jahre nicht verschlafen und waren nach wie auf diesem Gebiet tätig.
2. Die Suche nach Öl
Es war das Jahr 1974, als in Oklahoma das Bertha Rogers-Loch mit einer Tiefe von nahezu 31.000 Fuß entstand. Eine bekannte Ölfirma war auf der Suche nach dem „schwarzen Gold“ zwar nicht fündig geworden, hinterließ aber dieses beeindruckende Bohrloch.
Eigentlich ungeplant entstand so das damals tiefste, jemals von Menschenhand geschaffene Loch der Erde. Und das sollte es auch für den Zeitraum von fünf Jahren bleiben. Aber die Amerikaner hatten sich etwas zu früh gefreut.
Die Sowjets holten auf, indem sie es schafften, mit einem der Bohrlöcher auf der Halbinsel Kola Ende der 1970er-Jahre den bestehenden Rekord zu brechen.
3. Sowjetische Forscher im Aufwind
Die Bohrung auf der Halbinsel Kola wurde für ein Jahr unterbrochen. Denn das Ergebnis war bereits jetzt so beeindruckend, dass das tiefe Loch von vielen Menschen besichtigt werden sollte.
Als das Projekt dann wieder aufgenommen wurde, um die Bohrung fortzuführen, entstanden plötzlich technische Probleme. Diese ließen das Vorhaben scheitern. Um jedoch den Amerikanern keine Chance zu geben, an erster Stelle zu stehen, entschlossen sich die sowjetischen Wissenschaftler, nochmals aktiv zu werden.
Sie starteten aus über 20.000 Fuß eine erneute Bohrung und erreichten Ende der 1980er-Jahre eine Tiefe von über 40.000 Fuß. Ein unglaublicher Rekord. Aber die Forscher waren nicht zufrieden.
4. Optimismus macht sich breit
Aufgrund ihres großen Erfolgs waren alle Beteiligten an der Bohrung voller Optimismus. Sie waren der festen Überzeugung, bis zum Jahr 1993 ihr gestecktes Ziel zu erreichen. Und das lautete 49.000 Fuß Tiefe.
Aber es kam anders. Immer tiefer drang der Bohrer in das Erdreich ein und dann, je mehr der Erdmittelpunkt in greifbare Nähe rückte, traten unerwartete Vorkommnisse auf. Natürlich hatten die Wissenschaftler im Vorfeld abgeklärt, wie hoch die Temperatur im Bohrloch sein würde.
Im Bereich von 10.000 Fuß wurden ihre Vermutungen bestätigt. Danach jedoch entwickelte sich in dem Loch eine Temperatur von 180 Grad Celsius. Und das waren 80 Grad mehr als erwartet.
5. Ursprung der hohen Temperatur
Zunächst standen die Wissenschaftler vor einem Rätsel. Warum nur diese Hitzeentwicklung? Die Antwort fanden sie schnell. Die Dichte des Gesteins war ab einer bestimmten Tiefe weitaus geringer als erwartet. Und das führte dazu, die Temperatur ansteigen zu lassen.
Allen war klar, das Projekt jetzt beenden zu müssen. Die Ausrüstung des Teams würde einer derart großen Hitze nicht standhalten. Das geschah im Jahr 1992 und somit über 20 Jahre nach dem Start der Bohrungen an dieser Stelle.
Aber es war ja nicht nur das enorm tiefe Loch, das beeindruckte. Während der Arbeiten konnten die Forscher interessante Erkenntnisse sammeln. Es war also nicht umsonst.
6. Das Bohrloch wird versiegelt
Schweren Herzens versiegelten die Wissenschaftler das Loch. Manche sahen es als ihr Lebenswerk an. Aber das, was sie erlebt hatten, konnte ihnen niemand mehr nehmen. Unter anderem waren sie auf kleine Fossilien gestoßen, deren Alter sie auf zwei Milliarden Jahre schätzten.
Aber noch etwas anderes war beeindruckend. Seismologische Messungen hatten ergeben, dass in einer Tiefe von zwei bis vier Fuß die Oberfläche von Granit in Basalt übergehen würde. Dem war erstaunlicherweise nicht so. Jedenfalls nicht dort, wo sie gebohrt hatten.
Bis in die tiefste Stelle des Bohrlochs hinein stießen sie nur auf Granit. Auch etwas anderes hatte die Forscher zunächst irritiert. Wasser!
7. Die Sintflut oder was?
Fließendes Wasser zu entdecken in einer Tiefe, wo es eigentlich nicht zu erwarten war, überraschte alle. Schnell kamen Stimmen auf, die vermuteten, endlich den Beweis für biblische Aussagen gefunden zu haben. In der Heiligen Schrift kommen ja immer wieder Erzählungen von großen Überschwemmungen vor.
Eine andere Erklärung scheint jedoch einleuchtender zu sein. Wahrscheinlich entstand durch immens hohen Druck bei dem Bohrgeschehen die Möglichkeit für Wasserstoff- und Sauerstoffatome das Gestein zu verlassen. Stießen diese auf undurchlässige Steine, könnte das Wasser so eingeschlossen worden sein.
Eindeutig konnte dieses Phänomen jedoch nie erklärt werden. Und so hielten sich Spekulationen über Jahre hinweg.
8. Die Sowjetunion zerfällt – Bohrloch hält Rekord
Das tiefste Bohrloch der Welt wurde genau dann versiegelt, als es zum Fall der Sowjetunion kam. Im Jahr 1995 wurde das Projekt dann offiziell eingestellt. Der Bereich um das Bohrloch wird mittlerweile als Umweltgefährdung gesehen.
Den Rekord konnte bis heute niemand brechen. Das Bohrloch gilt nach wie vor als größtes der Erde. So ganz aufgegeben wurde es bis heute nicht, dem Erdmittelpunkt so nah wie möglich zu kommen.
In den Ozeanen dieser Welt befinden sich etliche Bohrplattformen unter dem Meeresboden. Hier wird versucht, endlich zu erfahren, wie es tief im Inneren unseres Planeten wirklich aussieht. Vielleicht gelingt es eines Tages.
9. Experiment in der Antarktis
Neben dem Anspruch, den Mittelpunkt der Erde erreichen zu wollen, gibt es noch weitere Gründe, tief in die Meere zu tauchen. So geschehen bei einem Experiment in der Antarktis. Hier startete ein bemanntes Tauchboot mit dem Ziel, näher an den Südpol zu kommen, als jedes andere zuvor.
Allerdings bedurfte es einer umfangreichen Planung, bevor der Tauchgang realisiert werden konnte. Letztlich dauerte es zwei Jahre, bis der große Moment gekommen war. Vor allem die Suche nach dem perfekten Ort für den Tauchgang nahm Zeit in Anspruch.
Dann jedoch fanden die Wissenschaftler Iceberg Alley, ein Gebiet, das seinem Namen alle Ehre macht.
10. Die Eisberggasse
Iceberg Alley oder übersetzt Eisberggasse ist ein Gebiet am nördlichsten Punkt der Antarktis. Unzählige Eisberge unterschiedlicher Größe säumen den Weg dieser Meeresgasse. Ein waghalsiges Unternehmen war es tatsächlich, das Schiff mit dem Tauchboot hierher zu manövrieren.
So begann das große Abenteuer der Männer, die nicht wussten, was genau auf sie zukommen würde. Später berichtete die Crew von außergewöhnlichen, nie gesehenen Meerestieren. Kreaturen wie aus einer früheren Zeit.
Im Gegensatz zum Leben an der Oberfläche der Antarktis gestaltet es sich in der Tiefe voller Leben. Es gibt also unter Wasser noch viel zu erforschen. Die Menschheit weiß noch lange nicht alles über ihren eigenen Planeten.
11. Blick in die Vergangenheit
Wer in der Antarktis taucht, stößt in den unendlichen Tiefen auf eine Welt, in der Tiere beheimatet sind, die lange vor der Menschheit lebten. So sahen die Meere vor 250 Millionen Jahren aus. Die Zeit scheint stehen geblieben zu sein.
Vielleicht gelingt es ja eines Tages auch zum Mittelpunkt der Erde vorzudringen. Und vielleicht lüften sich dann Geheimnisse, mit denen niemand gerechnet hat. Das tiefste Bohrloch der Welt war schon mal ein guter Anfang.
Es darf gespannt darauf gewartet werden, was sich in diesem Zusammenhang noch ergibt. Die Neugier der Wissenschaftler wird nie enden. Und daher wird immer weiter nach einer Möglichkeit gesucht werden, dieses Ziel zu erreichen.